Dienstag, 6. November 2007

Das zweite Statement [Kassandra]

Sonntag

Zuletzt-vorher hattte sie, parallel dazu eine Zigarette rauchend, Spaghetti Napoli in ihrem Bett gegessen, den weißen Bezug beckleckert, fluchend weiteressend und ziehend, hastig Nudeln und Rauch geschluckt, den heißen Topf auf dem Bauch stehend, die Fotos an der Zimmerdecke studiert-schob sie die Topfpflanze, die genügsam war, im Gegensatz zu ihr, nicht schnell austrocknete, in die linke Zimmerecke, die ihr heller als die rechte erschien, draußen war es schon dunkel, ein Winterabend, Nieselregen, eine Erkältung im Anzug, wünschte sie den Sommer zurück, sie wünschte sich den Sommer jedes Jahr zurück, im Sommer stöhnte sie über die Hitze. Das Schieben, das mehr ein zerrendes Schleifen war, des Übertopfes auf dem Laminat, machte kein Gänsehautgeräusch, da aus der rechten Zimmerecke, vom Boden aufwärts, in jeden Winkel der vierzehn Quadratmeter, Nick Caves' Stimme, die noch jung klang, dröhnte, von unten spürte sie eine regelmäßige Erschütterung, drehte das Rädchen, dessen Ränder blau leuchteten, nach links und damit die Musik leiser, die Erschütterung war ein Klopfen, es schien aus dem Boden zu kommen, fantastisch dachte sie kurz an E.A.Poe, ein Herz im Boden, tatsächlich war es, einmal mehr, das metallene Staubsaugerrohr ihrer Nachbarin, das gegen Nick Cave rebellierte. Marlene stellte die Musik ab, fing an zu springen und zu stampfen, die Mittelfinger gegen den Boden gerichtet, in der Stille, die keinen Rhythmus vorgab, zu tanzen, die spitzenförmigen Blätter der Pflanze wippten, durch Marlenes Tanzschritte in Bewegung gekommen, im Topf und als Schatten an der Wand, auf und ab, solange bis Marlene die Lust verlor, müde wurde, überlegte zu Patric zu fahren, mit ihm zu schlafen, sofort danach zu gehen, in Richtung Georgs' Wohnung, die Treppe nach oben, über den knarrenden, hölzernen Flur, in das Malzimmer zu gelangen, mit Georg zu schlafen, mehrmals, danach das Gefühl begehrenswert und schön zu sein im Kopf, auf dem Brückengeländer im Park zu sitzen, Enten anzuspucken, die Luft anzuhalten, dabei die Sekunden zu zählen, die Zeit totzuschlagen und schließlich zurück nach Hause zu gehen, das hinter einer Fassade aus aggressivem, giftigem Gelb auf sie wartete, und das Vorlesungsverzeichnis der NYU durchzuschauen.
Schlussendlich blieb Marlene in ihrer Wohnung, dachte darüber nach, warum zum Kuckkuck, das so war, kratzte die restlichen, am Boden des Kochtopfs festklebenden, kalten Nudeln in den Mund. Dieser Vorgang machte ein Gänsehautgeräusch.

Was hier passiert:

Anfang. Ende. ist ein virtuelles Romanprojekt des Studiengangs Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus: dreizehn Personen, eine Katze, ein Hase und eine fremde Macht. Die Zeichen stehen auf Sturm. In Tagen wird es vorüber sein.

Archiv

November 2007
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 5 
12
 
 
 
 

Impressum:

Aline Kappich, Azar Mortazavi, Clara Ehrenwerth, Eva-Lena Lörzer, Fabian Hischmann, Florian Balle, Hieu Hoang Duc, Janna Schielke, Julia Schulz, Max Balzer, Phillip Hartwig, Sebastian Albrecht, Sebastian Polmans, Susanne Kruse. Moderiert von Jule D. Körber und Lino Wirag.

Adam Schiffers
friedrich2
Hans-Peter Braunscheid
MaLiNaSuNaSiMoN
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren