Donnerstag, 8. November 2007

Crazymarkt

Pedersen ist plastisch geworden. In dieser Kleinst-stadt, im Crazymarkt, so nannte Pedersen diesen Ort, nachdem er die Synonyme für "Super" suchend „Hervorragend“ und „Großartig“ für antiquiert und steif, "Hammer", "Tight", "Fresh" als Slang etikettiert und vor allem, sein Sprachgefühl wurde dabei lau, einseitig hielt, er letztlich zwischen "Über" und "Crazy" wählen musste, wenn man ihn fragte, wohin er gehe; auf jene Frage also, die ihm unterwegs - die Wiesen zogen in sich zusammen, das sah er, außerdem, am Wegesrand, alte Männer rieben sich den Schlaf aus den Augen und verfütterten ihn an fremde Vögel, hier, schoss es ihm durch den Kopf, ziehen die Menschen ihre Portmonaies wie Pistolen aus den Hosentaschen – gestellt wurde: Der Fahrradfahrer nach einer Bremsung, voll, blickte liegend kieskauend auf Pedersen hoch, als Pedersen unwissend zurückblickte, spuckte der Biker Kies: SIEHST DU NICHT WOHIN DU GEHST?! antwortete Pedersen, von seinen Tagesbeobachtungen bewegt, meschugge: Zum Crazymarkt.
In der Schlange des Crazymarkts zitterte, zwischen zwei Frauen mit sichtbaren Rückenproblemen eingepfercht, die vordere mit Rundrücken, die hintere schwanger, mit Hohlkreuz, Pedersens rechter Arm. Das Blut, so stellte sich Pedersen seinen eingeredeten Herzfehler vor, läuft von seinem Kopf in die Finger und stockt, die Hand läuft von der Last der Wasserflaschen schwer an, wird lila, sagte die Rundrückrige, wird flieder die schwangere Hohlkreuzige, Pedersen sah, als der Streit über die Farbwahrnehmungen und ihre Bezeichnungen aufflammte, keine Farben, spürte nur die Taubheit in seinen Fingern. Als er schließlich an der Reihe war, die Kassiererin, kühl, fragte: BITTE?! zeigte er auf seinen toten Arm, und sagte: Einen neuen! Die Kassiererin, die um sich herum eine Sprachwand gebaut hatte, ignorierte, weil sie ihn als vorwurfsvoll verstand, Pedersens Satz. Da sagte Pedersen: Hören Sie mir mal zu!, und rezitierte halb, halb erklang es vom Laufband, sein aktuellestes, dabei verschwieg er, dass es zugleich sein erstes war, Gedicht:

1 Fischkopf, DÜT Kar-
pfen, DÜT Kapern, Kar-
toffel, DÜTDÜT 1 Kilo, Salz-
Wasser-flaschen, DÜT mehrere,
Pfeffer, DÜT gepfefferte Dinger:
Ü- und
Antibio-eier DÜTDÜT
Dann Dill
DÜT

Jaja, sagte die Kassiererin karg, kenn ich, kann ich auswendig. Sie übergab ihm die Reinschrift des Gedichtes, Pedersen zückte das Portmonaie aus der Hosentasche und reichte ihr das Geld, das er gestern Nacht, als er aus den Träumen springend, noch somnambul, auf die norwegischen Volleyballerinnen wettete, gewonnen hatte. Er gab ihr 10 und als er kein Rückgeld erhielt, war er verwundert, welchen runden Wert sein Erstling hatte.

Was hier passiert:

Anfang. Ende. ist ein virtuelles Romanprojekt des Studiengangs Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus: dreizehn Personen, eine Katze, ein Hase und eine fremde Macht. Die Zeichen stehen auf Sturm. In Tagen wird es vorüber sein.

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Impressum:

Aline Kappich, Azar Mortazavi, Clara Ehrenwerth, Eva-Lena Lörzer, Fabian Hischmann, Florian Balle, Hieu Hoang Duc, Janna Schielke, Julia Schulz, Max Balzer, Phillip Hartwig, Sebastian Albrecht, Sebastian Polmans, Susanne Kruse. Moderiert von Jule D. Körber und Lino Wirag.

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