Samstag, 17. November 2007

120 km/h.Pause.120km/h.

Einundsechzig, zweiundsechzig, dreiundsechzig - schweres Ausatmen. Etwas mehr als eine Minute, schlechte Lunge, schlechte Idee, schlechtes Wetter.
Der Regen donnert laut aus der Dämmerung, gegen die Windschutzscheibe des alten, weißen Saab, dessen linkes Rücklicht nicht funktioniert, Patric lenkt, überholt, raucht; Marlene sitzt auf dem Beifahrersitz und starrt Risse in die Autobahn. Sie blinzelt erst wieder im Moment unter der Brücke, das Regenschlagzeug pausiert, Stille.
Die Raststätte, Patric auf der Toilette, Marlene im Telefonhäuschen, spricht in die Muschel: "Georg, regnet es? Ich komme." Später, nach dem Schreien, dem in die Lufttreten, und dem Türenzuschlagen verschwindet das Auto, mit nur einem leuchtenden Rücklicht, Richtung Kiel, das Mädchen fährt in einem alten Golf per Anhalter zurück. Zurück, vom Regen in den Regen.

Beobachtung Nr. 3750

Kühle Wege zwischenverkalkten Altbauten und schlampigen Wohnklos fädeln sich durch einen ermüdenden Tag. Fritze Wegner ist auf der Pirsch. Der Park, die Universität, die Cafes der Innenstadt und diverse Schulen liegen bereits hinter ihm, doch sein ungeduldiger Füller musste bisher in der Brusttasche bleiben. "Die Stadt ist kurz vorm Abnippeln", denkt Fritze Wegner. Und er scheint recht zu haben. Mit dem Morgengrauen scheinen die jungen Leute, die sich sonst an den üblichen Plätzen tummeln verschwunden, einfach weg. "Wie von einem Loch verschluckt" Fritze Wegner fühlt sich wie ein Angler bei Ebbe, wie ein Soldat zu Friedenszeiten und setzt sich für ein Päuschen auf eine Bank. Es ist die selbe Bank, von wo aus er vor wenigen Tagen dem regen Treiben der Punkelfe zugesehen hat. Wie gehetzt er da gewesen ist, es eigentlich noch ist. Der Schützengraben ist nunmahl kein Wellness-Hotel. "Wir haben keinen Sonntag, es ist nicht zu kalt und im Fernsehen läuft nichts Besonderes", vergewissert sich Fritze Wegner. Wo sind die Jungen also hin ? Einige ältere Leute schlurfen über den Marktplatz, eine Frau (ca. 35 Jahre, edler gekleidet, schlank) mit rosa Kinderwagen rollt zügig an ihnen vorbei - nichts, was eine Notiz oder gar eine Beobachtung wert wäre. So schnell ist die Mutter dem Abendessen entgegengehetzt, dass sie ein weißes Plüschtier verloren hat. Verlassen liegt es neben dem Mülleimer und mümmelt vor sich hin. Mümmelt? Fritze Wegner staunt. Das Plüschtier bewegt sich, ist gar kein Plüschtier, ist ein echtes Häschen, kommt auf ihn zu und ist auch gar kein Häschen, sondern ein Kaninchen, was Fritze Wegner sofort an den kürzeren Hinterläufen und Löffeln erkennt. Das lebendige, weiße Kaninchen schlägt einen Haken, schnüffelt an der Blumenrabatte und tollt zwischen den leeren Fahrradständern herum. "Es muss ein ganz Junges sein", denkt Fritze Wegner und zückt den ungeduldigen Füller. "Du bist mein meine Beobachtung Nr. 3750", erklärt er dem Kaninchen (weiß, sehr jung, aufgeweckt), als es noch einmal vorbei gehoppelt kommt. Das mümmelt nur ein bisschen, aber Fritze Wegner versteht, was es meint.

Was hier passiert:

Anfang. Ende. ist ein virtuelles Romanprojekt des Studiengangs Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus: dreizehn Personen, eine Katze, ein Hase und eine fremde Macht. Die Zeichen stehen auf Sturm. In Tagen wird es vorüber sein.

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Impressum:

Aline Kappich, Azar Mortazavi, Clara Ehrenwerth, Eva-Lena Lörzer, Fabian Hischmann, Florian Balle, Hieu Hoang Duc, Janna Schielke, Julia Schulz, Max Balzer, Phillip Hartwig, Sebastian Albrecht, Sebastian Polmans, Susanne Kruse. Moderiert von Jule D. Körber und Lino Wirag.

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