Freitag, 30. November 2007

***Grenze *Stop* Grenze***

bhutan_1987Und heute haben sie alles abgesperrt.- Das Innere ist jetzt auch außen sichtbar. Jeder bleibt in seinem Bereich. Man ist isoliert und seit drei Komma fünf Stunden habe ich keinen Menschen mehr gesehen. Sie haben für das Wichtige gesorgt. Man kann etwas essen und sich Bewegung verschaffen. In seiner Fleckexistenz. Es gibt nicht nur die eine Welt. Es gibt mehrere Welten, die ineinander greifen. Und sich gegenseitig nicht mehr loslassen. Aber du überschneidest dich. Und sie zerschneiden dich. Schnipselsalat. Und siehst du einen, ist er nicht so, wie er drüben ist. Wie er woanders sein könnte. Adaption. Existenz. Noch nie was Absolutes. Als wärst du verschluckt worden. Um woanders zu sein. Woanders ins Leben zurück gespuckt zu werden.
Und seit sie heute alles abgesperrt haben, mache ich halbe Hoppler. So fällt mir nicht auf, das jetzt alles weniger ist. Ich muss nicht an die Grenze kommen. Sie nicht sehen. Das ist Freiheit.

Frei. Nur noch die Tauben.
K4CA41WOPJCAGOYN4ACAW8DJJ9CA6MBODECAF9B4OQCAI9XEJHCAGOTHN4CAP82V74CADIM0YSCAYIRDSXCA39EETGCAO0EFBNCADBYM5KCA2M3Y7BCAJ7L0ROCAU8K091CAD9C704CAW401Q6CA23NR4C

[***Grenze *Stop *Grenze***]

DDR_Ausstellung_8_D_200903g

FREAKSHOW

Bericht einer Krankenschwester
Tonbandaufnahme

Ich weiß noch, wie der Friedrich aussah, als er zu uns gekommen ist: scheußlich, sag ich Ihnen, scheußlich... Man wünscht so was ja keiner Mutter; so was wie... Ich kann schon verstehen, dass die Frau ihn weggeben hat. Hätte ich wahrscheinlich auch getan oder du hast ein Leben, das sich nur noch um den Jungen dreht. Außerdem haben die Ärzte gesagt, es wäre das Beste so, auch für den Friedrich. Aber, was ist schon das Beste...? Keine Ahnung! Also, was ich sagen kann, ist, dass da schon Fehler gemacht worden sind. Die Ärzte haben ja gedacht, der Friedrich könnte nicht sprechen und würde es nie lernen, bis er dann sein erstes Wort gesagt hat. Da erinnere ich mich noch, wie heute dran: Es war Herbst. Wissen Sie, die Zeit wo’s noch warm ist, tagsüber, aber abends, da zieht’s ruckzuck an. Na ja... Jedenfalls hatte ich vergessen in Friedrichs Zimmer das Fenster zu zumachen, und mit einem Mal sagt der Kleine, er war da so sieben oder acht, sagt mit einem Mal: offen. Einfach so... Mit glockenklarem Stimmchen und zeigt zum Fenster. Ich bin also erst mal zum Fenster gegangen und hab’s zugemacht, und dann ist es mir aufgefallen.
Friedrich! hab ich gerufen, du kannst ja sprechen!
Aber der hat mich nur angeguckt, wie ein Mondkalb. Und als ich dann gleich danach dem Chefarzt davon erzählt habe, wollte der’s mir gar nicht glauben.
Unsinn, hat er gesagt, medizinisch vollkommen unmöglich!
Und wie um mich zu ärgern, hat der Friedrich dann wirklich erst mal nichts mehr gesagt, die nächsten Wochen, und die werten Kollegen haben schon gedacht, ich hätte eine Schraube locker da oben. Wollten mich schon gleich über Nacht da behalten! Ich sag’s ihnen... Trotzdem habe ich viel mit dem Friedrich gesprochen, und ihm gut zugeredet, er soll doch etwas sagen. Manchmal hatte ich fast das Gefühl, der Kleine will mich ärgern: das hat man schon immer gesehen, dass in dem komischen Kopf etwas vorgeht! Ist ein ganz Schlauer, der Friedrich, und weiß es auch. War aber auch ziemlich niedlich, als Kind, wenn man sich an den Anblick erst mal gewöhnt hatte, wirklich zum Kneifen. Er wusste schon, wie man es anstellt mit den Frauen, wenn sie verstehen, was ich meine. Er hat so was an sich, so was
bauernschlaues. Ja... Der Friedrich ist mir doch ans Herz gewachsen. Ein bisschen ist er ja auch mein Kind, schließlich kenn ich ihn von klein auf. Und am Ende war er immer so was wie ein Lichtblick, bei all dem Scheußlichen hier in der Geschlossenen. Ein Grund sich auf die Arbeit zu freuen... Hoffentlich geht alles gut und morgenfrüh, wenn ich komme, sitzt er schon wieder pünktlich auf seinem Bett und wartet aufs Blutdruckmessen.
Hoffentlich geht alles gut, da draußen.
Vielleicht kommt er ja sogar alleine ganz gut zu recht, wenn er sich erst mal eingewöhnt hat. Vielleicht... Aber was zerbrech ich mir den Kopf. Man weiß ja doch nie wie’s kommt. Alles was ich sicher sagen kann: Ich brauch jetzt einen Kaffee!
Sie auch einen?

Was hier passiert:

Anfang. Ende. ist ein virtuelles Romanprojekt des Studiengangs Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus: dreizehn Personen, eine Katze, ein Hase und eine fremde Macht. Die Zeichen stehen auf Sturm. In Tagen wird es vorüber sein.

Archiv

November 2007
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 5 
12
 
 
 
 

Impressum:

Aline Kappich, Azar Mortazavi, Clara Ehrenwerth, Eva-Lena Lörzer, Fabian Hischmann, Florian Balle, Hieu Hoang Duc, Janna Schielke, Julia Schulz, Max Balzer, Phillip Hartwig, Sebastian Albrecht, Sebastian Polmans, Susanne Kruse. Moderiert von Jule D. Körber und Lino Wirag.

Adam Schiffers
friedrich2
Hans-Peter Braunscheid
MaLiNaSuNaSiMoN
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren