FREAKSHOW
Bericht des Chefarztes Prof. Dr. [?]
Tonbandaufnahme
Ich habe schon auf Sie gewartet. Gut, gut... Konnte ja nicht lange dauern bis die Presse hier auftaucht. Erst einmal stimmt es: wir haben einen abgängigen Patienten, Friedrich, vollkommen harmlos. Aber das werden Sie ohnehin nicht in ihren Artikel schreiben, oder? Na schön... Friedrich wurde direkt nach seiner Geburt bei uns aufgenommen. Damals hatte er kaum Überlebenschancen. Friedrich leidet unter einer schwerwiegenden Form einer cranium bifidum, also einer Spaltbildung des Schädeldachs, die im frühen Embryonalstadium einsetzt. Normalerweise wird dieser Defekt schon per Ultraschall diagnostiziert, normalerweise, bei Friedrich war das anders. Fragen Sie mich nicht, wer der schwangerschaftsbegleitende Arzt war... Nun ja, wir haben Friedrich operiert: ein riskanter Eingriff. Wir hatten wenig Hoffnung, aber Friedrich hat überlebt. So ist das mit ihm: er hält sich nicht an ärztliche Prognosen oder anders ausgedrückt: Friedrich ist medizinisch gesehen ein Wunder; eines zwar, dass erst durch die Forschungsleistungen der modernen Hirnchirurgie ermöglicht wurde und nicht zuletzt auch durch den erfolgreichen Eingriff, an dem ich entscheidend mitwirken durfte; und doch: mir ist bis heute unbegreiflich, dass Friedrich das Säuglingsalter überleben konnte. Sein Ausbruch ist somit ersteinmal Symptom einer erfolgreichen chirurgischen, psychiatrischen und neurologischen Praxis. Aber die geschlossene Psychiatrie zu kritisieren, ist für Sie natürlich einträglicher. Ich verstehe das... Leider wird Ihr Besuch wenig Nutzen haben. Bis morgenfrüh Ihre Zeitung erscheint, ist Friedrichs Freigang beendet und das ist auch gut so... Er ist nämlich abhängig von ärztlicher Obhut und Medikamenten. Die geschlossene Psychiatrie ist eben oft weniger Strafmaßnahme, als individuelle und soziale Notwendigkeit, aber das werden Sie ja auch nicht schreiben.
Sie werden sehen: Morgen ist alles vorbei. Nur ein Sturm im Wasserglas.
Tonbandaufnahme
Ich habe schon auf Sie gewartet. Gut, gut... Konnte ja nicht lange dauern bis die Presse hier auftaucht. Erst einmal stimmt es: wir haben einen abgängigen Patienten, Friedrich, vollkommen harmlos. Aber das werden Sie ohnehin nicht in ihren Artikel schreiben, oder? Na schön... Friedrich wurde direkt nach seiner Geburt bei uns aufgenommen. Damals hatte er kaum Überlebenschancen. Friedrich leidet unter einer schwerwiegenden Form einer cranium bifidum, also einer Spaltbildung des Schädeldachs, die im frühen Embryonalstadium einsetzt. Normalerweise wird dieser Defekt schon per Ultraschall diagnostiziert, normalerweise, bei Friedrich war das anders. Fragen Sie mich nicht, wer der schwangerschaftsbegleitende Arzt war... Nun ja, wir haben Friedrich operiert: ein riskanter Eingriff. Wir hatten wenig Hoffnung, aber Friedrich hat überlebt. So ist das mit ihm: er hält sich nicht an ärztliche Prognosen oder anders ausgedrückt: Friedrich ist medizinisch gesehen ein Wunder; eines zwar, dass erst durch die Forschungsleistungen der modernen Hirnchirurgie ermöglicht wurde und nicht zuletzt auch durch den erfolgreichen Eingriff, an dem ich entscheidend mitwirken durfte; und doch: mir ist bis heute unbegreiflich, dass Friedrich das Säuglingsalter überleben konnte. Sein Ausbruch ist somit ersteinmal Symptom einer erfolgreichen chirurgischen, psychiatrischen und neurologischen Praxis. Aber die geschlossene Psychiatrie zu kritisieren, ist für Sie natürlich einträglicher. Ich verstehe das... Leider wird Ihr Besuch wenig Nutzen haben. Bis morgenfrüh Ihre Zeitung erscheint, ist Friedrichs Freigang beendet und das ist auch gut so... Er ist nämlich abhängig von ärztlicher Obhut und Medikamenten. Die geschlossene Psychiatrie ist eben oft weniger Strafmaßnahme, als individuelle und soziale Notwendigkeit, aber das werden Sie ja auch nicht schreiben.
Sie werden sehen: Morgen ist alles vorbei. Nur ein Sturm im Wasserglas.
friedrich2 - 22. Nov, 21:42