Adam

"... an dem Tage, da ihr davon esset, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist."
1. Mose, 3, 5

Grüne und rote Zuckersplitter. Er nahm sie immer mit Daumen und Zeigefinger. Sie klebten aneinander. Er legte sie auf seine Zunge. Auch der Gaumen war schon ganz wund, von der ganzen Tasse voll. Es ist schon die zweite. Sein Mittag war das, was nicht auf den Äpfeln landete. Süße, scharfe Schnittreste. Auch der neongelbe, rosa Plastik klebte. Doch den kleinen Händen war das egal. Selber schmierig von weißen Schaum und Dreck. Hinter der Scheibe, eine Fahrt zwei Euro, fünf Fahrten acht Euro, zehn Fahrten fünfzehn Euro, ließ Adam die Pferdchen und Ponys, die Feuerwehr- und Polizeiwägelchen, Boote und Motorräderchen ewig verfolgen. Der letzte Klumpen Zuckersplitter fiel aus der Tasse auf die Zunge. Mit offenem Mund knirschte es als er sie mit den Zähnen zermahlte.
Klein kam sie herüber zu Adam mit einer Waffel in den Fingern und einem gelben Dino auf der Brust. Große Augen waren auf dem Karussell, das weiche Gesicht ging hin und her. War es ein Pferd, das sie beobachtete, das Feuerwehrwägelchen, oder kannte sie vielleicht ein Kind das mitfuhr. Dann lächelte sie mit zu wenig Zähnen und kam noch weiter zu Adam. Das Ärmchen hochgestreckt, auf Zehenspitzen, lag dann das Zweieurostück auf Adams Tresen. Einmal mit dem Pferd reiten bitte, sagte sie. Adams langer Zeigefinger berührte ihr Inneres
der Hand, dann legte er den rosa Plastikchip auf ihr ab. Einmal Pferd reiten bitte sehr, halt den Chip gut fest und geh gleich zum Pferd, damit niemand eher bei ihm ist. Den Chip fest in der Hand, rannte sie zum Karussell, das schon begann sich auszudrehen.
Nun ging Adams Gesicht hin und her. Nicht mehr so weich, Haare nicht mehr so voll, Augen noch groß. Runde um Runde, das Mädchen stieg ab. Ein paar Meter weiter setzte sie sich auf den Boden, Augen auf dem Karussell. Auf dem Pferdchen, hin und her. Mit seinen Zuckersplitter-Fingern nahm er einen rosa Chip. Er ging als wäre nichts, hinter dem Mädchen entlang, ließ den Chip auf ihren Schoß fallen und wusste, ihr gefällt das. Er wusste, sie dreht sich um und guckt, doch Adam nicht und ging weiter. Der Vorwand war aufs Klo zu gehen und zur nächsten Runde wieder da zu sein. Sie zu sehen auf dem Pferdchen.
Im Klocontainer. Er konnte nicht. Zurück.
Er sah sie am Häuschen stehend, den rosa Chip in ihrer Hand. Ich glaube den hast du gerade verloren, sagte sie. Ich glaube nicht. Das ist dein Glück. Jetzt kannst du noch mal auf dem Pferdchen reiten. Aber das ist doch nicht richtig so, sagte sie. Aber du willst es doch. Dann ist das schon in Ordnung.
Noch einmal saß sie auf dem Pferdchen. Adam schaute nicht weg von ihr. Dann verschwand das Mädchen. Adams Schicht war vorbei. In der Pause noch was süßes.

Was hier passiert:

Anfang. Ende. ist ein virtuelles Romanprojekt des Studiengangs Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus: dreizehn Personen, eine Katze, ein Hase und eine fremde Macht. Die Zeichen stehen auf Sturm. In Tagen wird es vorüber sein.

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November 2007
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Impressum:

Aline Kappich, Azar Mortazavi, Clara Ehrenwerth, Eva-Lena Lörzer, Fabian Hischmann, Florian Balle, Hieu Hoang Duc, Janna Schielke, Julia Schulz, Max Balzer, Phillip Hartwig, Sebastian Albrecht, Sebastian Polmans, Susanne Kruse. Moderiert von Jule D. Körber und Lino Wirag.

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