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Malina-Suna-Simon-Regen

13:00
Das Wort lebensunfähig geisterte in Malina Suna Simons Gedanken herum, während sie, den Kündigungsbrief fest umklammert, missmutig die schmale Fischerhäuschengasse in Richtung Bushaltestelle schlenderte. Ihre Laune passte zu dem Tröpfeln, zum grauen Himmelssbild, zu den Pfützen, in die sie immer wieder mit ihren viel zu langen, weiten Hosenbeinen schlurfte.
Der Nachbarsjunge übte wie jeden Tag um die Zeit auf seiner Trompete, „gab ein Krötenkonzert“ wie Malina Suna Simon es nannte. An anderen Tagen hätte sie sich innerlich über die Eltern aufgeregt, die solch einen Krach billigten, heute passten die kläglich gedrückten, verzerrten Laute ganz in ihr Stimmungsbild.
Sie schrieb das Wort lebensunfähig im Geiste in die Luft, wobei sie einen imaginären Buchstaben über den anderen setzte und sich zu konzentrieren versuchte, in dem nunmehr entstandenen Buschstabensalat noch das Wort als Ganzes entziffern zu können. Immer immer wieder schrieb sie die einzelnen Buchstaben in die Luft und ließ sich dabei den Klang des Wortes auf der Zunge zergehen:
L E B E N S U N F Ä H I G
Es begann an Bedeutung zu verlieren, beinahe schon komisch auf sie zu wirken, je öfter sie es sich von ihrer inneren Stimme gesprochen anhörte. Sie ging dazu über, die Buchstaben zu zählen. Malina Suna Simon schwor auf grade Wörter und Sätze. Es war Teil ihrer eigenen Küchenphilosophie nur Wörter ernstzunehmen, die auch grade waren. Es machte ihr schwer zu schaffen, dass ihr eigener Name 15 Buchstaben hatte, eine ungrade Anzahl, sie somit sich selber nicht ernstzunehmen hatte und es dennoch tat.
Lebensunfähig hatte 13 Buchstaben, war laut ihrer selbst erstellten These ein Unwort, musste also nicht weiter auf zutreffend oder unzutreffend auf sie untersucht werden.

13:15
Malina Suna Simon war noch so in Gedanken versunken, dass sie den nahenden Bus fast nicht bemerkt hätte. Die an ihrem Hosenbein abprallenden Schlammspritzer holten sie aus ihren Gedanken zurück und sie begann entnervt, an ihren diversen Anorak- und Hosentaschen zu nesteln um nach Kleingeld zu kramen.
Der Busfahrer hatte ein breites Lächeln auf seinem Gesicht und begrüßte sie auf eine derart freundliche Art und Weise, dass Malina Suna Simon beinahe übel wurde.
Wie konnte man an solch einem widerwärtigen Tag dermaßen gutgelaunt sein und dies auch noch nach Außen zur Schau tragen? Es kam ihr vor wie Hohn.
Während sie, Malina Suna Simon, prädestiniert für etwas ganz Großes, wieder einmal eine rote Karte erhalten hatte, erneut einen Schwarzen Peter gezogen, erfreute sich dieser dämlich grinsende Busfahrer, ausgerechnet ein Busfahrer, seines Lebens.

Was hier passiert:

Anfang. Ende. ist ein virtuelles Romanprojekt des Studiengangs Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus: dreizehn Personen, eine Katze, ein Hase und eine fremde Macht. Die Zeichen stehen auf Sturm. In Tagen wird es vorüber sein.

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Impressum:

Aline Kappich, Azar Mortazavi, Clara Ehrenwerth, Eva-Lena Lörzer, Fabian Hischmann, Florian Balle, Hieu Hoang Duc, Janna Schielke, Julia Schulz, Max Balzer, Phillip Hartwig, Sebastian Albrecht, Sebastian Polmans, Susanne Kruse. Moderiert von Jule D. Körber und Lino Wirag.

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